Markt- und netzseitige Versorgungssicherheit
Die Bewertung der markt- und netzseitigen Versorgungssicherheit wird in den nächsten Jahren aufgrund der Transition des Energiesystems an Relevanz gewinnen. Mit dem sich verändernden Energiesystem müssen auch die Methoden zur Analyse dieses Systems eine stetige Entwicklung durchlaufen.
Die hier beschriebenen Methoden leisten einen wichtigen Beitrag dazu, mögliche Herausforderungen in der Transitionsphase frühzeitig zu identifizieren. Um das Energiesystem auch in zukünftigen Analysen bestmöglich zu modellieren, werden wir im Hinblick auf die marktseitige Versorgungssicherheit das bei Amprion entwickelte Analyseframework erweitern: um die Berücksichtigung des Klimawandels in der Erstellung der synthetischen Wetterjahre und um zusätzliche Unsicherheitsdimensionen wie die Flexibilisierung neuer Verbraucher . Hinsichtlich der Analyse der netzseitigen Versorgungssicherheit werden wir die Projektion der Freischaltplanung über den betrieblichen Planungshorizont hinaus sowie unseren Ansatz zur probabilistischen Dimensionierung des Netzreservebedarfs weiterdenken.
Systemstabilität
Zukünftig werden die Analysen bzw. das Analyseframework auch hinsichtlich des Themenkomplexes Systemsicherheit und -stabilität erweitert, um den ganzheitlichen Blick auf Versorgungssicherheit zu vervollständigen. Dabei bietet sich die Möglichkeit, den aus den konsequent probabilistischen Untersuchungsansätzen für markt- und netzseitige Versorgungssicherheit aufgespannten Szenarioraum zu nutzen, um für die Untersuchungsgegenstände Spannungs-, Frequenz- und transiente Stabilität Aussagen zur Robustheit des Systems zu treffen. Derartige Analysen und abgeleitete Maßnahmen können dann deutlich über die Aussagekraft gegenwärtiger gesetzlicher Prozesse insb. des Systemstabilitätsberichts nach §12i EnWG hinaus gehen.
Die deutschen Übertragungsnetzbetreiber haben bereits eine Reihe von Maßnahmen identifiziert, die für die Gewährleistung der Systemstabilität in den deterministischen Leitszenarien der gesetzlichen Planungsprozesse mit fest-definierten Stützjahren notwendig sind: Bundesnetzagentur - Systemstabilität. Da die Maßnahmen zur Gewährleistung der Systemstabilität in vielen Fällen eine weitreichende Überarbeitung von Anschlussregeln und zugehörige technologische Entwicklungen erfordern, ist eine zeitgerechte Implementierung nicht gesichert, und ein zugeschnittenes Risikomanagement im Sinne der Wahrnehmung der Systemverantwortung erforderlich. Zum einen erfolgt dies über die Nachverfolgung der Maßnahmenumsetzung durch Unterstützung von Politik und Behörden und unter Einbezug der gesamten Energie-Branche (siehe Roadmap Systemstabilität). Zum anderen sind aber auch Szenarien zu betrachten, die eine verzögerte Implementierung beinhalten, oder gar ein Scheitern einzelner Maßnahmenumsetzungen unterstellen. Nur so können weitere kurzfristigere Maßnahmen für den Netzbetrieb abgeleitet werden, die allerdings eine Einschränkung der Transportfähigkeit, oder eine Beschränkung bei der Integrierbarkeit Erneuerbarer Energien nach sich ziehen würden.
Auf der positiven Seite kann allerdings auch gezeigt werden, welche Beherrschbarkeit durch bereits erfolgte Maßnahmeng bzw. entlang von Trendszenarien der Umsetzung auch abseits der Leitszenarien erreicht werden kann. Auch dies ist eine essenzielle Analysekompetenz, da die in der Realität eintretenden Nutzungsfälle natürlich um die für die Systemplanung herangezogenen Leitszenarien streuen. Zudem kann hier der Handlungsspielraum aufgezeigt werden, in welchem Maß mit dem aktuell eingeschlagenen Umsetzungsfahrplan für stabilitätssichernde Maßnahmen der Transformationspfad der Energieversorgung angepasst werden kann, ohne die Systemsicherheit und -stabilität zu gefährden, oder Einbußen bei der Robustheit der Energieversorgung in Kauf nehmen zu müssen.
In jedem Fall liefert die beschriebene Weiterentwicklung einen wichtigen Baustein, um:
- die Abwägung zwischen Systemsicherheit und -stabilität, der Integrierbarkeit von Erneuerbarer Energien und der Transportfähigkeit des elektrischen Netzes zu unterstützen,
- der Öffentlichkeit sowie Entscheidungsträgern die Zusammenhänge zwischen Anpassungen am Transformationspfad und den dafür notwendigen Regeln der Teilnehmer am Energiesystem zu verdeutlichen,
- und eine systemsichere Transformation des Energiesystems verantwortungsvoll zu gestalten.