Umweltverträglichkeit

Ein weitläufiges Feld mit dichtem, blühendem roten Mohn erstreckt sich bis zum Horizont. Zwischen den Mohnblumen wachsen vereinzelt weiße Blüten. Im Hintergrund steht eine Baumreihe aus Laubbäumen mit dichtem grünem Blätterdach, darüber ein klarer Himmel. Die kräftigen Farben des Mohns bilden einen starken Kontrast zum satten Grün der Wiese und der Bäume.

Deutschland will bis 2045 klimaneutral sein. Dafür ist ein Ausbau des Übertragungsnetzes unerlässlich. Im Netzausbau sind Eingriffe in Natur und Landschaft oft unvermeidlich. Daher setzen wir alles daran, unsere Netzausbauprojekte so schonend und verträglich wie möglich umzusetzen. Unvermeidbare Eingriffe werden so gering wie möglich gehalten. Als Wegbereiter des klimaneutralen Energiesystems begreifen wir den Naturschutz als Teil unseres unternehmerischen Auftrags.

Wie groß die Eingriffe am Ende sind, hängt unter anderem davon ab, durch welche Naturräume und Biotope ein Projekt verläuft. Häufig wird daher schon in einem frühen Planungsstadium mit Kartierungen begonnen.

Kartierungen

Kartierungen geben Aufschluss über relevante artenschutzrechtliche Aspekte durch die Erfassung von raumbezogenen Daten. Da die Arbeiten witterungsabhängig sind und sich an den jahreszeitlichen Verläufen der Flora und Fauna orientieren, finden sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten statt. Welche Kartierungsarbeiten durchgeführt werden, variiert je nach Projekt und insbesondere nach den Regionen und ihren Gegebenheiten. Dies erreichen wir über Begehungen und Inaugenscheinnahmen der Flächen

Zum Teil werden bei der Erfassung einzelner Arten Hilfsmittel eingesetzt (zum Beispiel Reusen für den Nachweis von Amphibien, Reptilienmatten oder Haselmausröhren). Diese können auch für eine begrenzte Zeit innerhalb der Flächen belassen werden.

Kartierungsarbeiten werden vorab ortsüblich bekanntgemacht.

Biotoptypenkartierung

Ziel der Biotoptypenkartierung ist die Erfassung der Tier- und Pflanzenarten, die im gesamten Projektraum vorkommen. Sie gibt Aufschluss über relevante artenschutzrechtliche Aspekte.

Brut- und Rastvogelkartierung

Es werden mehrere Tag- und bei Bedarf auch Nachtbegehungen auf ausgewählten Probeflächen durchgeführt, um Vogelarten anhand von Sicht und Gehör zu erfassen.

Horst- und Höhlenbaumkartierung

Die Sichtkontrolle und Besatzüberprüfung der Horste an einzelnen Bäumen erfolgen durch Begehungen in der laubfreien Zeit in den Wintermonaten und bei Bedarf ergänzend im Sommer.

Fledermauskartierung

Auf ausgewählten Flächen werden durch Nachtbegehungen in den Sommermonaten durch akustische Erfassungen und Quartierbeobachtungen Fledermäuse erfasst.

Kartierung von Amphibien, Haselmäusen, Reptilien, Schmetterlingen, Libelle, Käfern

Tagsüber und teilweise nachts werden auf relevanten Flächen die verschiedenen Arten erfasst.

Die Kartierungsergebnisse bilden die Grundlage der Eingriffskompensation, aber auch der ökologischen Baubegleitung. In öffentlich-rechtlichen Genehmigungsverfahren sind sie daher verpflichtend. In Planfeststellungsverfahren beispielsweise müssen im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung umwelt- und naturschutzfachliche Gutachten erstellt werden.

Umweltverträglichkeitsprüfung

Um über die Genehmigung einer Höchstspannungsleitung zu entscheiden, verlangt der Gesetzgeber eine Umweltverträglichkeitsprüfung. Hierfür bewerten Gutachter die aktuelle Umweltsituation im Untersuchungsgebiet. Außerdem beschreiben sie, wie sich die neue Leitung voraussichtlich auswirken wird – differenziert nach sogenannten Schutzgütern. Dazu zählen:

  • Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt
  • Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft
  • Kulturgüter und sonstige Sachgüter sowie
  • Wechselwirkungen zwischen diesen Schutzgütern.

Die zuständige Genehmigungsbehörde wägt schließlich ab, inwieweit ein Eingriff in die Natur vertretbar ist oder wo aus Ihrer Sicht Nachbesserungen nötig sind, um das Projekt möglichst umweltverträglich umzusetzen. Sie bezieht dabei auch Fachbehörden und Naturschutzverbände ein.

Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen

Bei der Planung achten wir darauf, Eingriffe in die Natur zu vermeiden oder zu minimieren. Bei der Betrachtung möglicher Standort- oder Trassenvarianten spielt ihr Einfluss auf die verschiedenen Schutzgüter eine entscheidende Rolle. Wo ein Eingriff aufgrund anderer Belange nicht verhindert werden kann, werden Minderungsmaßnahmen festgelegt.

So schaffen wir z.B. vor dem Baubeginn Ausweichhabitate in der Umgebung, die die Tiere während der Bauzeit (und ggfs. darüber hinaus) nutzen können. Auf diese Weise können bestimmte Arten schonend aus dem zukünftigen Baufeld entfernt werden. Während der Bauzeit begutachten Fachleute der ökologischen Baubegleitung die Maßnahmen, unterstützt die Baustelle bei einer umweltschonendenden Abwicklung und halten genau nach, welche unvermeidbaren Eingriffe stattfinden.

Beispiele unserer Eingriffskompensation

Wesel am Niederrhein

Für den Bau des Leitungsbauprojektes von Wesel bis nach Utfort (Moers) hat Amprion im Jahr 2018 ein rund 19 Hektar großes Grundstück in Dinslaken (Wesel) erworben. Das zuvor entwässerte und intensiv ackerbaulich genutzte Grundstück wurde im Zuge eines Ökokontos umgestaltet. Dazu gehörten die Anlage einer Streuobstwiese, die Aufforstung eines klimaresistenten Eichen-Hainbuchenmischwaldes sowie die Aussaat einer standortgerechten regionaltypischen Grünlandmischung mit einem hohen Anteil von insektenfreundlichen Stauden.

Der Verzicht auf chemische Beikrautbekämpfung sowie auf künstliche Nährstoffeinträge ist hier oberstes Gebot. Das Ziel ist, eine hohe Artenvielfalt zu erhalten und der Stickstoffdeposition in den Boden sowie in das angrenzende Gewässer entgegenzuwirken.

Ein weiterer Bereich dieses Projekts befindet sich in Wesel-Obrighoven auf einer ca. drei Hektar großen Fläche, die teilweise zu einem Fauna-Flora-Habitat-Gebiet (FFH-Gebiet) gehört. FFH-Gebiete sind Schutzgebiete, die dem Schutz von Lebensraumtypen nach EU-Richtlinie dienen. Sie bilden gemeinsam mit den Europäischen Vogelschutzgebieten das Netzwerk Natura 2000.

Hier werden Altwaldbestände aus der konventionellen forstwirtschaftlichen Nutzung genommen, um den Totholzanteil und das Höhlenbaumpotenzial zu erhöhen. Beide Flächen generieren rund 900.000 Ökopunkte.

Ein klarer, flacher Bach fließt durch eine grüne Landschaft, gesäumt von dichten Pflanzen und Blättern. Über dem Wasser schweben zwei schwarz-blaue Schmetterlinge mit schimmernden Flügeln. Das Wasser ist ruhig und reflektiert das Tageslicht. Die Szene vermittelt eine natürliche, unberührte Atmosphäre mit einem Fokus auf die zarten Schmetterlinge und die dichte Vegetation.

Plettenberg im Sauerland

Für den Bau der 380kV-Höchstspannungsfreileitung von Dortmund-Kruckel nach Dauersberg in Rheinland-Pfalz wurde im Jahr 2018 ein Grundstück von 51 Hektar Größe in Plettenberg (Märkischer-Kreis) erworben. Hier werden diverse Maßnahmen umgesetzt, wie der Nutzungsverzicht eines Auwaldes und die Umwandlung von Intensivacker in Extensivgrünland. Auf der gesamten Fläche ist die Einbringung von Nährstoffen untersagt, um Stickstoffeinträge in den Boden und Gewässer zu reduzieren. Auf dem gesamten Komplex konnten über eine Million Ökopunkte generiert werden. Arten wie Ringelnatter, Eisvogel, Wasseramsel, Schwarzstorch, Prachtlibelle oder Neuntöter sind hier mittlerweile regelmäßig anzutreffen.

Schalt- und Umspannanlage Rheinau

Die Schalt- und Umspannanlage Rheinau befindet sich zu großen Teilen innerhalb des FFH-Gebietes 6617-341 „Sandgebiete zwischen Mannheim und Sandhausen“. Die etwa 10 Hektar umfassenden, unbebauten Freiflächen der Schalt- und Umspannanlage Rheinau sind als Fauna-Flora-Habitat ausgezeichnet und durch eine naturschutzfachlich wertvolle Sandrasen- / Magerrasenvegetation geprägt. EU-Mitgliedstaaten sind verpflichtet, diese Lebensräume zu bewahren und zu schützen, indem sie geeignete Schutzmaßnahmen ergreifen und Managementpläne entwickeln.

Sandige, nährstoffarme Böden bedingen die Entwicklung einer außergewöhnlichen, trockenheitsliebenden Flora und Fauna. Die Flächen sind ein bedeutender Lebensraum für seltene und gefährdete Wildbienen, Heuschrecken und Laufkäfer.
Zusätzlich beherbergen sie weitere wertgebende Arten wie Zauneidechse, Blindschleiche, Gartenschläfer und einer besonders individuenreichen Population der Mauereidechse.
Viele der hier nachgewiesenen Arten sind in der Roten Liste vermerkt und teilweise vom Aussterben bedroht.
Seit 2017 wird die Anlage großflächig umgebaut.
Dabei wird ein besonderer Fokus auf den Erhalt und die kurzfristige Wiederherstellung dieser wertvollen Flächen gelegt. Dazu wurden vor Baubeginn sowohl Ersatzhabitate für die Eidechsen geschaffen als auch gesamte Bodenbereiche inklusive Bewuchs, sogenannte Rasensoden an geeignete Ersatzstandorte versetzt. Der Fortschritt bei der Wiederherstellung der Lebensräume wird seit 2017 durch ein zehnjähriges Monitoring-Programm überwacht.

Trotz der umfangreichen Baumaßnahme konnte durch das bisherige Monitoring bereits eine hochwertige und blütenreiche Wiederherstellung der Vegetationsflächen bestätigt und das Artenspektrum und die Anzahl seltener und gefährdeter Wildbienenarten durch die Maßnahmen erhalten werden. Darüber hinaus wurde ein deutlicher Anstieg wertgebender Wildbienenarten nachgewiesen.

Eingriffskompensation

Für unvermeidbare negative Auswirkungen setzen wir geeignete Wiederherstellungs- und Kompensationsmaßnahmen um, sodass Nettoverluste an Biodiversität verhindert werden (“no net loss"). Der Kompensationsbedarf wird über sogenannte Biotopwert- oder Ökobilanzierungen ermittelt. Der projektbedingte Eingriff in die Natur kann beispielsweise über Ökokonten kompensiert werden. Bei den sogenannten Ökokonten werden - wie auf einem Bankkonto - ökologische Werte verbucht. Der Wert eines Ökokontos wird in Ökopunkten dargestellt. Jeder Ökopunkt entspricht – je nach Biotoptyp einem realen Kompensationserfordernis, z.B. “ein Ökopunkt entspricht einer Fläche von einem Quadratmeter”.