Mit „KuPilot“ Redispatch-Kosten senken

Netzstabilität
Lesedauer: 3 Min.
Netzkapazitäten besser ausnutzen, schneller auf Engpässe reagieren und Kosten im Redispatch senken – bei weiterhin sicherer und stabiler Stromversorgung: Darum geht es bei „KuPilot“, einem gemeinsamen Pilotprojekt von Amprion, TenneT und RWE. Ein einjähriger Pilotbetrieb hat am 22. Oktober 2025 begonnen.

Redispatch, also die Behebung von Netzengpässen zum Schutz der Leitungen, kostet viel Geld. Und dass die Kosten dafür in absehbarer Zeit sinken, ist nicht zu erwarten. Schließlich nimmt der Ausbau der erneuerbaren Energien immer mehr Fahrt auf und die Integration europäischer Märkte bindet ebenfalls Kapazitäten im Netz.

Erst abrufen, wenn es sein muss

Um dennoch die Kosten für das Engpassmanagement zu reduzieren, verfolgt Amprion gemeinsam mit seinen Partnern TenneT und RWE neue Ansätze. Ziel ist, das bestehende Netz höher auszulasten, natürlich ohne die Versorgungssicherheit zu gefährden. „Einer dieser Ansätze ist die sogenannte kurative Systemführung“, sagt Thomas Schneider, Experte für Innovative Systemführungskonzepte bei Amprion.

200
Megawatt

sind für kurativen Redispatch reserviert

Um jederzeit eine zuverlässige Stromversorgung sicherzustellen, wird das Übertragungsnetz so betrieben, dass Ausfälle eines Betriebsmittels, z.B. einer Freileitung, nicht zur Überlastung von anderen Betriebsmitteln führen. Man nennt dies das (N-1)-Kriterium. Ist dieser Zustand durch eine zu hohe Auslastung gefährdet, spricht man von Netzengpässen und die Übertragungsnetzbetreiber müssen die Auslastung reduzieren, z.B. durch Redispatch-Maßnahmen.

Normalerweise werden Redispatch-Maßnahmen präventiv, das heißt vor Ausfall eines Betriebsmittels abgerufen.

Das geschieht beim kurativen Redispatch

Der große Unterschied des kurativen Ansatzes zum bisher gängigen Vorgehen: Gegenmaßnahmen bei Engpässen werden vorbereitet, aber abgerufen werden sie nur, wenn es tatsächlich nötig ist. Dann allerdings automatisiert und innerhalb von fünf Minuten, bevor es zu einer Überhitzung der Betriebsmittel kommt. Der Vorteil liegt auf der Hand: Das Netz kann durch weniger präventive Eingriffe im Normalbetrieb höher ausgelastet werden. Das steigert die Effizienz, sprich: Es kann mehr Energie übertragen werden.

Vorbereitungen samt Feldtests waren Anfang Oktober im laufenden Netzbetrieb erfolgreich verlaufen. Am 22. Oktober startete der einjährige Pilotbetrieb, in den das von RWE gesteuerte luxemburgische Pumpspeicherkraftwerk Vianden des Betreibers SEO sowie Offshore-Windparks in der TenneT-Regelzone eingebunden sind.

Das Bild zeigt ein Offshore-Schiff in einem Windpark.
Offshore-Windpark

Wenn eine Überlastungssituation eintritt, wird Leistung von 200 MW wird auf Seiten des Offshore-Windparks automatisiert abgeregelt.

Das freundliche Bild im Querformat zeigt eine Freileitungstrasse in einem Waldgebiet. Die Freileitungsstrasse ist umgeben von Bäumen und Büschen. Der Himmel ist blau, Cumuluswolken sind zu sehen.
Freileitung

Die Freileitung wird dadurch sehr schnell entlastet.

Pumpspeicherkraftwerk

Dieselbe Leistung, die zuvor für diesen Fall reserviert worden ist, wird im Pumpsprecherkraftwerk zeitgleich automatisiert eingespeist.

Grundstein für kurative Systemführung

Thomas Schneider verspricht sich viel von dem nun begonnenen Pilotbetrieb: „Damit haben wir den Grundstein für die kurative Systemführung im deutschen Übertragungsnetz gelegt. Im Pilotjahr werden wir wertvolle Erkenntnisse sammeln, um die kurative Systemführung zu einem nachhaltigen Werkzeug im Engpassmanagement zu entwickeln.“

Im Pilotjahr werden wir wertvolle Erkenntnisse sammeln, um die kurative Systemführung zu einem nachhaltigen Werkzeug im Engpassmanagement zu entwickeln.“

Thomas Schneider

-

Experte für kurative Systemführung bei Amprion

Engpassmanagement wird flexibler

Wenn das Pilotjahr erfolgreich verläuft, kann der kurative Redispatch auf weitere Regionen ausgeweitet und zusätzliche Kraftwerke eingebunden werden. Aus Sicht der Netzbetreiber ließen sich auch leistungssteuernde Anlagen wie Phasenschiebertransformatoren oder Gleichstromleitungen integrieren. Allerdings steht noch viel Arbeit bevor: „Kurative Systemführung macht das Engpassmanagement flexibler, aber bringt auch neue Wechselwirkungen mit sich. Die Herausforderung wird sein, das neue Werkzeug unter den Netzbetreibern zu standardisieren, um damit im nennenswerten Ausmaß Redispatch-Kosten zu senken“, sagt Thomas Schneider.

Info

Refinanzierung

Nicht nur in technischer, sondern auch in regulatorischer Hinsicht betreten die Projektpartner übrigens Neuland: Weil im Pumpspeicherkraftwerk die 200 Megawatt Leistung für den Engpass-Fall reserviert sind, entgehen dem Betreiber Vermarktungserlöse. Daher stimmen die Partner in Zusammenarbeit mit der Bundesnetzagentur eine auf das Pilotprojekt zugeschnittene Refinanzierung ab.