Blackout Iberische Halbinsel: Was jetzt bekannt ist

Netzstabilität
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Am 28. April stand auf der iberischen Halbinsel alles still: Die Stromversorgung war flächendeckend gestört. Aber was war passiert? Dazu liegt jetzt der sogenannte Factual Report, der Zwischenbericht von ENTSO-E, dem Verband der europäischen Übertragungsnetzbetreiber vor. Wir ordnen ein, was der Bericht enthält – und was erst mit dem Abschlussbericht Anfang 2026 zu erwarten ist.

Zuerst ein kurzer Blick zurück: Am 28. April 2025 war die Stromversorgung in Spanien, Portugal und Südwest-Frankreich flächendeckend unterbrochen – ein Blackout. Nach dem Vorfall aktivierten die Übertragungsnetzbetreiber in Spanien und Portugal unverzüglich ihre Netzwiederaufbaupläne. In weniger als 24 Stunden war die Stromversorgung mit Unterstützung der Partner in Europa und Marokko wiederhergestellt. In Deutschland und anderen europäischen Ländern war die Versorgung durchgehend gewährleistet.

Wer untersucht den Blackout?

Verantwortlich für die Untersuchung des Blackouts ist ein Expert Panel, an dem ENTSO-E, Übertragungsnetzbetreiber, ACER und nationale Regulierungsbehörden beteiligt sind. Amprion stellt einen Experten für dieses Expert Panel. Das Expert Panel erstellt zwei Berichte, den Factual Report und den Final Report. Der Factual Report ist Anfang Oktober 2025 erschienen, der Final Report wird für Anfang 2026 erwartet.

Was ist der Unterschied zwischen Factual Report und Final Report?

Der Factual Report ist der Zwischenbericht, der Final Report der Abschlussbericht zum Blackout. Vereinfacht gesagt, fasst der Factual Report die unterschiedlichsten Daten zu den Ereignissen am 28. April zusammen. Er stellt detailliert die Ereigniskette dar: die Situation vor dem Blackout, den Ablauf und den Netzwiederaufbau. Im Gegensatz zum Final Report enthält der Factual Report keine vollständigen Informationen über die Grundursache am Beginn der Ereigniskette. Dies ist dann Bestandteil des Final Reports.

Zum Report
50
Akteure

haben dem Expert Panel Daten für die Erstellung des Factual Reports bereitgestellt. Darunter Verteilnetzbetreiber, Erzeuger und Netznutzer aus Frankreich, Spanien und Portugal.

Auf welchen Daten basiert der Factual Report?

Der Factual Report basiert auf den Daten, die dem Expert Panel bis zum 22. August 2025 vorlagen. Diese Daten stammen von Übertragungs- und Verteilnetzbetreibern, Erzeugern und Netznutzern aus Frankreich, Spanien und Portugal – insgesamt mehr als 50 Akteuren. Es gibt jedoch weiterhin Datenlücken, vor allem bei den Abschaltungen von Erzeugungsanlagen. Mehrere Betreiber haben dem Expert Panel mitgeteilt, dass ihnen die entsprechenden Störschriebe bzw. Fault-Records nicht vorliegen. Für den im Frühjahr 2026 erwarteten Abschlussbericht könnten daher möglicherweise zusätzliche Daten erforderlich sein. Der Zeitplan für den Final Report ist daher nur ein Richtwert.

Was wissen wir über den Ablauf des Blackouts?

Es ist wichtig, zwischen dem Ablauf und den Ursachen des Blackouts zu unterscheiden. Der Ablauf der Versorgungsstörung ist bekannt. Wir fassen noch einmal zusammen:

Situation vor der Störung

Vor der eigentlichen Störung kam es zu zwei sogenannten Netzpendelungen. Diese entstehen durch Schwingungen zwischen Kraftwerksgeneratoren. Die Folge: Frequenz-, Leistungs- und Spannungsschwankungen im Netz.

Blick in eine Reihe von Solarpanelen in einem PV-Park. Links und rechts sind weitere Reihen von Solarpanelen erkennbar. Die Panele stehen auf einer Wiese, die von Trockenheit etwas gelblich gefärbt ist. Im Hintergrund Bäume und ein blauer Himmel mit vereinzelten Wolken.
Ausfälle und Abschaltungen

Eine der Gegenmaßnahmen war, den Leistungsaustausch zwischen Spanien und Frankreich zu reduzieren. Das trug laut Factual Report zu einem Anstieg der Netzspannung bei. Dann fielen die ersten Erzeugungsanlagen aus und eine Kettenreaktion setzte ein: Immer mehr Anlagen schalteten sich wegen zu hoher Spannung ab, was wiederum die Spannung weiter nach oben trieb.

Es folgt eine Bildbeschreibung
Das Foto im Querformat stammt aus der Systemführung und  zeigt eines der wichtigsten Arbeitsmittel der Systemführung/Netzführung: das 18 Meter breite und sechs Meter hohe Rückmeldebild. Die neue Hauptschaltleitung von Amprion in Brauweiler bei Köln ist eine der modernsten Warten weltweit. 
Ende der Bildbeschreibung
Systemreaktion und Wiederaufbau

Die Spannung stieg über den zulässigen Bereich hinaus, weitere Anlagen schalteten sich ab. Parallel fiel aufgrund der geringeren Erzeugung die Frequenz ab, bis das iberische Netz nicht mehr mit dem europäischen synchron lief. Die Konsequenz: Automatische Lastabwürfe, Aktivierung der Systemschutzpläne und final die konzeptgemäße Trennung des iberischen Stromnetzes vom kontinentaleuropäischen Verbundnetz – um letzteres zu schützen. Schlussendlich brachen alle Systemparameter zusammen und die betroffenen Übertragungsnetzbetreiber aktivierten ihre Netzwiederaufbaupläne.

Wie gelang der Netzwiederaufbau?

Der Wiederaufbau des iberischen Netzes erfolgte durch den Aufbau elektrischer Inseln, mittels schwarzstartfähiger Erzeugungsanlagen. Das heißt, man stellt das Netz in einem begrenzten Bereich wieder her und schließt dann Schritt für Schritt die umliegenden Gebiete an. Allerdings waren nicht alle Schwarzstartversuche erfolgreich. Der Final Report wird dazu Antworten liefern. Weitere Unterstützung beim Netzwiederaufbau kam aus dem französischen und marokkanischen Übertragungsnetz.

Ursache des Blackouts im Final Report

Der Blackout ist demnach auf Schwierigkeiten beim Erhalt der Spannung zurückzuführen. Dies hat der Factual Report im Detail bestätigt. Warum es dazu kam, ist jedoch noch nicht geklärt. Antworten darauf wird der Final Report im Jahr 2026 liefern. Außerdem wird der Final Report auf folgende Themen eingehen:

  • dem Verhalten der verschiedenen Akteure während des Ereignisses und
  • Empfehlungen für Maßnahmen zur Erhöhung der Systemsicherheit auf der iberischen Halbinsel und in Europa

Mit dem Wegfall der Erzeugungsanlagen war auch nicht mehr genug Blindleistung vorhanden. Was Blindleistung genau ist und warum sie für den Betrieb eines Stromnetzes wichtig ist, erklärt unser Video.