Unser Netz wird leistungsstärker

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Der Netzausbau bei Amprion kommt voran: Überall im Netzgebiet kommen Bauvorhaben voran, werden Leitungsabschnitte fertiggestellt und gehen Anlagen in Betrieb. Damit das Übertragungsnetz immer mehr Strom aus erneuerbaren Energien zu den Verbrauchszentren bringen kann.

Der Netzausbau kommt bei Amprion auf Touren. Nach intensiven Planungen wird nun überall im Netzgebiet gegraben, betoniert und geschraubt. Leitungen werden verstärkt, Kabelgräben angelegt, neue Masten aufgestellt, Umspannanlagen auf­gerüstet. Ob entlang der „Rheinschiene“ westlich von Köln oder in Aachen, ob in den Regionen Mannheim, Augsburg oder Osnabrück – in rund 380 Teilprojekten geht es vorwärts. Mehr als 350 Leitungskilometer sind bei Amprion bereits fertig.

„Unsere Stromleitungen sind die Lebensadern der Volkswirtschaft“, sagt Dr. Hans-Jürgen Brick, kaufmännischer Geschäftsführer von Amprion. Sie sollen nach dem Willen des Gesetzgebers immer mehr Strom, vor allem aus Windkraft- und Photovoltaikanlagen, aufnehmen und in die Verbrauchszentren in West- und Süddeutschland transportieren. Stammt der erzeugte Strom in Deutschland heute zu knapp 40 Prozent aus erneuerbaren Energien, soll der Anteil bis 2030 auf 65 Prozent, bis 2050 sogar auf 80 Prozent steigen. „Dafür müssen wir das Energiesystem umbauen“, sagt Dr. Klaus Kleinekorte, technischer Geschäftsführer von Amprion. „Der Netzausbau spielt dabei eine wesentliche Rolle – und damit kommen wir sichtbar voran. Bei allen Herausforderungen, die noch vor uns liegen.“ Das zeigen die folgenden Porträts wichtiger Vorhaben.

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»Der erste Mast steht«

Mit dem Ausbau der „Rheinschiene“ verstärkt Amprion eine der Hauptschlagadern des westdeutschen Stromnetzes.

Blick auf die vorbereitete Schalung eines Betonfundaments eines Mastens.

Meilenstein im Netzausbauprojekt Rheinschiene: Das erste Mastfundament entsteht.

Die Herbstsonne lacht an diesem Novembertag 2018. Auf einem Feld östlich von Rommerskirchen bei Köln hebt ein Autokran das Unterteil eines Strommastes auf die vorbereitete Betonplatte im Boden. Auf diesen Moment hat Thomas Hofmann, Projektleiter bei Amprion, seit 2013 hingearbeitet. Hat mit Eigentümern entlang der damals noch geplanten Stromtrasse verhandelt, sich mit Experten über die Kreuzung von Autobahnen beraten, Baufirmen beauftragt. Nun ist es so weit: „Der erste Mast steht gleich“, sagt Hofmann – sichtlich zufrieden.

Es ist der erste von 29 neuen Masten, die Hofmann zwischen Rommerskirchen und dem zehn Kilometer nördlich liegenden Gohrpunkt errichten wird. Der Abschnitt gehört zur „Rheinschiene“, einer der Hauptschlagadern des westdeutschen Stromnetzes. Das Energieleitungsausbaugesetz – kurz: EnLAG – von 2009 gibt vor, die Leitungen zwischen Osterath bei Düsseldorf und Weißenthurm bei Koblenz zu verstärken. Die neuen Leitungen werden mit 380 Kilovolt (kV) Spannung betrieben und sollen vor allem mehr Windstrom aus dem Norden in die Verbrauchszentren im Süden transportieren.

Südlich von Rommerskirchen steuert Hofmanns Kollege Hermann Schneider die Bauarbeiten. Auf 38 Kilometer Länge errichten seine Leute 115 neue Masten, die mehr als 200 ältere Masten ersetzen. Insgesamt ist Amprion für den Aus- und Neubau von rund 2.000 Leitungskilometern verantwortlich. 350 Kilometer sind bereits fertig. In die Umsetzung der ausstehenden Projekte wird Amprion im kommenden Jahrzehnt 9,3 Milliarden Euro investieren. „Die Welle rollt jetzt an – und wir beginnen sie zu reiten“, sagt Leitungsbauer Schneider.

Amprion baut eine 380-kV-Wechselstromleitung größten teils in bestehender Trasse zwischen Osterath bei Düsseldorf und Weißenthurm bei Koblenz (EnLAG-Vorhaben 15). Dies erhöht die Leistungsfähigkeit einer der Hauptschlagadern des westdeutschen Stromnetzes.
LÄNGE 136 km
INVESTITIONSSUMME: 340 Mio.
Euro
STATUS: drei Abschnitte im Bau dret Abschnitte in Betrieb
INBETRIEBNAHME: der gesamten Leitung für 2020 geplant
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Mit Tempo unter die Erde

Beim Bau der deutsch-belgischen Strombrücke ALEGRO setzt Amprion auch auf moderne Tunnelbau-Technologie.

Blick in die Tunnelbaustelle. Teile einer Tunnelbohrmaschine sind sichtbar.

Die Kabel für die deutsch-belgische Kuppelleitung ALEGrO verlaufen unterirdisch.

Auto an Auto rauscht auf der Autobahn 44 vorbei. Rainer Millinghaus muss lauter sprechen, um den Besuchern der Amprion-Baustelle zu erklären, wie dort der erste Tunnel für das Gleichstrom-Erdkabel ALEGrO gegraben wird. „Wir setzen dafür hier in Aachen einen speziellen Bohrer ein“, sagt der Teilprojektleiter und zeigt auf eine nebenan gelagerte Maschine in Zigarrenform, fünf Meter lang, der Bohrkopf hat mehr als zwei Meter Durchmesser. „Sie funktioniert nach dem Prinzip Kaffeemühle“, sagt er. „Erst zerkleinert sie den Fels, dann vermengt sie ihn mit Wasser zu einem Brei, der durch Leitungen abtransportiert wird.“

Die Baustelle liegt in einem Gewerbegebiet im Aachener Süden. Dorthin hat Amprion an diesem Tag im Oktober 2018 Gäste aus Politik und Wirtschaft zum ersten Spatenstich für das Netzausbau-Vorhaben eingeladen. Ab 2020 soll das Erdkabel erstmals die Stromnetze Deutschlands und Belgiens direkt verbinden – ein Meilenstein für den europäischen Binnenmarkt für Strom. In seinem Grußwort unterstreicht Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet die Bedeutung von ALEGrO als deutsch-belgische Strombrücke – und lobt das „hohe Tempo bei Planung und Genehmigung“.

Daran hat auch Rainer Millinghaus seinen Anteil. Der Bauingenieur heuerte 2014 bei Amprion an, um weitere Erdkabelprojekte vorzubereiten. „Inzwischen ist unsere Abteilung deutlich gewachsen“, sagt er. „Amprion kann nicht nur Freileitungen, sondern auch Erdkabel.“

Amprion baut in Zusammenarbeit mit dem belgischen Netzbetreiber Elia die Gleichstromverbindung Aachen Lüttich Electricity Grid Overlay" (ALEGrO) als Erdkabel. Sie wird im Bundesbedarfsplangesetz" (BBPIG) als Vorhaben 30 geführt. ALEGRO ist die erste direkte Stromverbindung zwischen Deutschland und Belgien und wird von der Europäischen Union als Vorhaben von gemeinsamem Interesse" mit vor dringlichem Bedarf eingestuft.
LÄNGE: insgesamt 90 km, 40 km auf deutscher Seite
INVESTITIONSSUMME: 450 Mio. Euro insgesamt, davon 321 Mio. Euro für Amprion.
STATUS: im Bau seit Oktober 2018
INBETRIEBNAHME: 2020 (geplant)
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Ausflug zu Amprion

Amprion baut in Lambsheim eine neue Umspannanlage – und trifft in der Bevölkerung auf großes Interesse.

Luftaufnahme einer Umspannstation.

Umspannanlage Lambsheim in der Pfalz: Knotenpunkt für die Versorgungssicherheit.

Warum nicht einmal eine Umspannanlage besuchen? Das sagen sich an einem Samstag Ende Mai 2018 mehr als 400 Menschen und schauen beim „Tag der offenen Tür“ in der neuen Umspannanlage von Amprion im pfälzischen Lambsheim vorbei. Nicht nur, weil eine Hüpfburg auf die Kinder wartet, sondern auch, weil Mitarbeiter wie Christian Nöldemann Führungen anbieten. „400 Besucher – das erlebt man nicht oft“, sagt der Projektleiter im Schaltanlagenbau rückblickend. Vor allem habe die Menschen interessiert, wie die neue Anlage funktioniere.

Bei diesem Thema ist Nöldemann in seinem Element. Er hat die 380-kV-Anlage mitgeplant, die Genehmigungen eingeholt und die anderthalbjährige Bauphase organisiert. Nun bildet sie ein weiteres wichtiges Drehkreuz im Stromnetz, das die Versorgungssicherheit in der Region erhöht. „Und ermöglicht, Windstrom über das Übertragungsnetz abzutransportieren.“ Hintergrund: Die Landesregierung Rheinland-Pfalz möchte den Strombedarf bis zum Jahr 2030 vollständig aus erneuerbaren Energien decken. Das große Interesse in der Bevölkerung hat Nöldemann bereits wahrgenommen, als ein Schwertransporter im Frühjahr 2018 einen neuen Transformator mitten in der Nacht vom Lambsheimer Bahnhof zur Umspannanlage bringt. Anwohner säumen die Strecke, der Ortsbürgermeister reicht belegte Brötchen. Zu diesem Zeitpunkt haben Baustellen im Bahnnetz die Anlieferung bereits um ein Dreivierteljahr verzögert. „Doch wir haben unsere Planungen daran angepasst“, sagt Christian Nöldemann. Im Spätsommer 2018 ging die Umspannanlage fristgerecht in Betrieb.

Amprion errichtet in Lambsheim eine 380-kV-Umspannanlage. Die neue Anlage wird zu einem bedeutenden Sammelpunkt für die Windenergie und Knotenpunkt für die Versorgungssicherheit in der Region.
INVESTITIONSSUMME: 48 Mio. Euro
STATUS: in Betrieb seit Spätsommer 2018
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Spannung halten!

In der neuen Umspannanlage Oberottmarshausen schließt Amprion den ersten „rotierenden Phasenschieber“ an, um das Stromnetz stabil und sicher zu betreiben.

Schnittbild eines rotierenden Phasenschiebers.

In Bayerisch-Schwaben sorgt ein rotierender Phasenschieber für mehr Netzstabilität.

Sie ist 13 Meter lang, 4,60 Meter breit und 5,69 Meter hoch, wiegt 268 Tonnen und wird von Experten „rotierender Phasenschieber“ genannt: Seit September 2018 arbeitet die elektrische Maschine in der 380-kV-Umspannanlage Oberottmarshausen bei Augsburg. „Dort sorgt sie dafür, dass wir unser Übertragungsnetz auch dann stabil und sicher betreiben können, wenn im Zuge der Energiewende immer mehr konventionelle Kraftwerke vom Netz gehen“, sagt Stephan Wittner, Teilprojektleiter bei Amprion. Die Generatoren dieser Kraftwerke haben bislang dazu beigetragen, die Spannung im Übertragungsnetz konstant zu halten. Nun müssen innovative Anlagen wie der rotierende Phasenschieber einspringen und das Netz in Bayerisch-Schwaben stabilisieren.

Installiert werden sie an wichtigen Knotenpunkten des Stromnetzes wie der Umspannanlage Oberottmarshausen. Sie verbindet das Übertragungsnetz von Amprion mit dem 110-kV-Verteilnetz des regionalen Netzbetreibers LEW Verteilnetz GmbH (LVN). 1962 erbaut, ist sie die größte ihrer Art in der Region. Seit 2015 wird sie modernisiert, weil das Höchstspannungsnetz in Bayerisch-Schwaben in den nächsten Jahren auf die 380-kV-Spannungsebene umgestellt wird. „Eine Anlage im laufenden Betrieb umzu­bauen, ist schon eine große Herausforderung“, sagt Gesamtprojektleiter Jürgen Schuder. „Aber wir haben es geschafft – auch dank einer großartigen Teamleistung.“ Die Mitarbeitenden von Amprion und der ausführenden Firmen hätten sich mit dem Vorhaben voll identifiziert.

Amprion stellt die Umspannanlage Oberottmarshausen auf 380 Kilovolt um und verstärkt sie durch einen rotierenden Phasenschieber. Der soll für mehr Stabilität im bayerisch schwäbischen Stromnetz sorgen.
INVESTITIONSSUMME: 53 Mio. Euro
STATUS: in Betrieb seit September 2018
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Mehr Energie für Baden-Württemberg

Auf der derzeit größten Baustelle zwischen Reutlingen und Herbertingen verarbeitet Amprion mehr Stahl, als für den Eiffelturm in Paris gebraucht wurde.

Teile eines Mastens an einer Schlinge eines Krans.

Für die neuen Masten auf der Schwäbischen Alb und im Donautal werden mehr als 11.000 Tonnen Stahl verbaut.

Die Dimensionen sind gewaltig: Mehr als 11.000 Tonnen Stahl verarbeitet Amprion bis 2020 auf seiner Leitungsbaustelle zwischen Reutlingen und Herbertingen in Baden-Württemberg. Zum Vergleich: Der Eiffelturm in Paris kommt auf 7.300 Tonnen Stahl. „Außerdem verbauen wir tausende Tonnen Fundament-Beton und rund 1.500 Kilometer Aluminium-Leiterseil“, rechnet Projektleiter Klaus Ludwig vor. Diese Mengen sind nötig, um auf der 61 Kilometer langen Trasse 181 neue Strommasten zu errichten und leistungsfähigere Leitungen anzubringen.

An diesem Tag im Januar 2019 bauen Monteure auf einem Feld bei Zwiefalten die ersten Mastteile vor Ort zusammen, um sie später aufeinanderzusetzen. An anderer Stelle demontieren sie 216 ältere Masten. Viele gehören zur ersten überregionalen Hochspannungsleitung, die zwischen 1924 und 1928 gebaut wurde, um die Kraftwerke im rheinischen Kohlerevier mit den Pumpspeicherkraftwerken in den Alpen zu verbinden. „Heute geht es vor allem darum, über die Leitung Wind- und Sonnenstrom zwischen Nord und Süd auszutauschen“, sagt Ludwig.

Vier Masten aus dem Jahr 1928 werden auf Wunsch des Landesamts für Denkmalpflege als Industrie-Denkmäler erhalten bleiben. Um an die historische Bedeutung der Leitungsverbindung zu erinnern – und an eine Pionierleistung im deutschen Übertragungsnetz, die Amprion bis heute als Ansporn begreift: „Auch wir“, sagt Projektleiter Ludwig, „treiben den Umbau des Stromsystems voran. Damit die Energiewende gelingt.“

Amprion baut eine 380-kV-Wechselstromleitung in bestehen der Trasse zwischen Reutlingen und Herbertingen (BBPIG Vorhaben 24). Dies stärkt die regionale Versorgung und erhöht die Übertragungskapazitäten auf der 90 Jahre alten Nord Süd-Trasse.
LÄNGE: 61 km
INVESTITIONSSUMME: 112 Mio. Euro
STATUS: im Bau seit November 2018
INBETRIEBNAHME: 2020 (geplant)

Text: Volker Göttsche Fotos: Marcus Pietrek, Günther Bayerl